Strafprozess mit Lies Welker durch fünf Instanzen, anschließend Verfassungsbeschwerde

In der ersten Instanz (im Amtsgericht von Cochem am 9.12.2020) ist Lies wegen ihrer Teilnahme an einem der beiden "Büchel-17"-Go-In-Aktionen vom 30.4.2019 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden. Dagegen hat sie Berufung eingelegt.  In der zweiten Instanz (vor einer Strafkammer des Landgerichts von Koblenz am 17.5.2021) ist ihre Berufung abgewiesen worden. Dagegen hat sie Revision eingelegt. Die dritte Instanz (das Koblenzer Oberlandesgericht) hat am 27.9.2021 dem Revisionsantrag stattgegeben und die Verurteilung aufgehoben. Begründung des OLG: Das aufgehobene "Urteil leidet an einem sachlich-rechtlichen Mangel, da die Feststellungen der Kammer den Schuldspruch nicht tragen und die Beweiswürdigung widersprüchlich und lückenhaft ist". Deshalb hat das OLG die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen, wo eine andere Strafkammer neu zu entscheiden hatte. Vor dieser anderen LG-Strafkammer hat es in vierter Instanz am 15.9.2022 einen Verhandlungstag gegeben, wobei jedoch noch kein neues Urteil gefällt wurde. Lies hat mitgeteilt, dass die Verhandlung "ohne Entscheidung abgebrochen" worden sei. Die Richterin habe sie "nur" wegen Hausfriedensbruchs verurteilen wollen, der Anklagevertreter aber habe auf eine Verurteilung auch wegen Sachbeschädigung bestanden. Daraufhin habe die Richterin die Verhandlung "sichtlich verärgert" geschlossen. Es wurde ein neuer Verhandlungstermin für den 13.4.2023 anberaumt. Hier nun gab es ein Urteil: Das Landgericht entschied, dass die Verurteilung vom 9.12.2020 Bestand haben sollte. Dagegen legte Lies noch einmal Rechtsmittel ein. Dieses erneute Revisionsbegehren aber wurde vom OLG Koblenz abgewiesen. Damit war der Strafprozess nach Lies´ Gang durch fünf Instanzen beendet, ihre Geldstrafe von 30 Tagessätzen wurde rechtskräftig. Aber die Sache ist für Lies noch nicht erledigt, denn am 21.9.2023 gab sie eine Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ab. Damit haben mittlerweile 19 Leute, die wegen gewaltfreier Aktionen in Büchel rechtskräftig verurteilt worden waren, Verfassungsbeschwerden beim höchsten deutschen Gericht wegen dieser Verurteilungen eingelegt - eine Person (Ariane Dettloff) sogar schon zwei Mal. / Hier folgen Fotos und ein Bericht vom 9.12.2020, als Lies in der ersten Instanz verurteilt wurde:

9.12.2020: Lies Welker verurteilt wegen des Go-Ins vom 30.4.2019 (Gruppe "Büchel-17”)

Die Angeklagte, Lies Welker, am 9.12.2020, Mahnwache vor Prozess-Beginn. Vor dem Amtsgericht Cochem.
Die Angeklagte, Lies Welker, am 9.12.2020, Mahnwache vor Prozess-Beginn. Vor dem Amtsgericht Cochem.
Brigitte, Mahnwache vor dem Amtsgericht Cochem, 9.12.2020
Brigitte, Mahnwache vor dem Amtsgericht Cochem, 9.12.2020
Katja und Birgit, Mahnwache vor dem Amtsgericht Cochem, 9.12.2020
Katja und Birgit, Mahnwache vor dem Amtsgericht Cochem, 9.12.2020
Unbekannte Person, Mahnwache vor dem Amtsgericht Cochem, 9.12.2020
Unbekannte Person, Mahnwache vor dem Amtsgericht Cochem, 9.12.2020


Am Morgen vor der Verhandlung gab es vor dem Amtsgericht in Cochem eine Mahnwache. Angeklagt war Lies Welker wegen ihrer Teilnahme an der “Büchel-17”-Aktion vom 30. April des Vorjahres, bei der eine Gruppe von 12 AktivistInnen durch Löcher in zwei Zäunen auf das Fliegerhorstgelände von Büchel gelangt war. Lies hatte im  August 2019 einen Strafbefehl erhalten, in dem eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen Hausfriedensbruchs verhängt worden war, und sie hatte dagegen Einspruch eingelegt. Von der Verhandlung am 9.12.2020 berichtete sie, dass Amtsrichter Zimmermann “einen lauten Ton angeschlagen” habe und “z.T. respektlos mir gegenüber” gewesen sei. Lies versuchte, die Gewaltlosigkeit der Aktion deutlich zu machen und wies die Wortwahl “Hausfriedensbruch” zurück – vergeblich. Sie habe den vorbereiteten Text zu ihrer Motivation “ruhig vortragen können; allerdings waren die Gesten des Genervtseins von Richter und Staatsanwalt sehr deutlich”. Im Urteil blieb der Richter bei der von der Anklagevertretung beantragten Geldstrafe von 30 Tagessätzen, allerdings setzte er den Geldbetrag pro Tagessatz höher an als vom Staatsanwalt gefordert. Lies hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und sich vorgenommen, in der 2. Instanz im Landgericht Koblenz noch besser vorbereitet zu sein.