6.2.2017: Endgültiger Freispruch

Montag, 6.2.2017. Der Heidelberger Friedensaktivist Hermann Theisen ist heute endgültig freigesprochen worden. Der Atomwaffengegner war für seine Flugblatt-Aktionen in der Vergangenheit mehrfach in erster Instanz wegen des Aufrufs zum Geheimnisverrat zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt, von Berufungsgerichten aber später stets freigesprochen worden. Mit dem Urteil des Amtsgerichts Cochem geht voraussichtlich ein fast dreijähriger Rechtsstreit um Theisens Aktionen gegen die mutmaßlich in der Eifel gelagerten US-Atombomben zu Ende (AZ: 3 Ds 2010 Js 15 564/16).


12. Juli 2016: Hermann Theisen wird vom Landgericht frei gesprochen.

SWR Landesschau aktuell: Berufungsverhandlung am Landgericht Koblenz Freispruch für Atomwaffengegner

Ein Atomwaffengegner aus Heidelberg ist am Dienstag vor dem Landgericht Koblenz freigesprochen worden. Er war wegen Anstiftung zum Geheimnisverrat von Soldaten am Fliegerhorst Büchel angeklagt.

 

Der Atomwaffengegner Hermann Theisen nimmt am 12.07.2016 in Koblenz (Rheinland-Pfalz) im Gerichtssaal des Landgerichts vor Beginn der Berufungsverhandlung seinen Platz ein.

Der Angeklagte Hermann Theisen hatte laut Staatsanwaltschaft mit Flugblättern Soldaten des Fliegerhorstes Büchel in der Eifel wiederholt dazu aufgefordert, Befehle zu verweigern und die Öffentlichkeit über möglicherweise dort stationierte US-Atomwaffen zu informieren.

Das Amtsgericht Cochem verurteilte Theisen bereits zweimal zu Geldstrafen. In der Berufungsverhandlung am Dienstag in Koblenz forderte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu 30 Euro,

also insgesamt 4.200 Euro. Doch Theisen bekam, wie von der Verteidigung gefordert, einen Freispruch. Sein Ziel war es nach eigenen Angaben gewesen, eine öffentliche Debatte anzuregen.


Keine konkreten Aufforderungen zu Straftaten

Der Vorsitzende Richter sah in den sieben Flugblattaktionen keine konkreten Aufforderungen zu strafbaren Handlungen, sondern einen überwiegend "aufrufenden Charakter". Theisen habe glaubhaft seinen Weg als überzeugter Atomwaffengegner gezeichnet.

Das Gericht akzeptierte seine Aussage, selbst nicht geglaubt zu haben, dass seinen Flugblättern Taten folgen würden. Das Recht auf freie Meinungsäußerung habe fest im Fokus bleiben müssen. Die beiden vom Amtsgericht Cochem verhängten Geldstrafen von 2.400 und 1.200 Euro hob das Landgericht Koblenz auf.

Beeindruckt von Theisens Engagement

Sogar der Staatsanwalt sagte, er sei tief beeindruckt von Theisens Engagement. Dieser habe aber die Grenze zur Strafbarkeit bewusst gesucht und nun auch das Gerichtsverfahren als Bühne für seinen politischen Kampf nutzen wollen. Natürlich sei es um die Aufforderung zum Geheimnisverrat gegangen. Er denke aber, dass Theisen den Weg in die Strafbarkeit nicht mehr weiter gehen werde.

Theisen sagte, er wolle weder die Rechtsordnung auf den Kopf stellen noch ein Gericht als Bühne missbrauchen. In Deutschland gelagerte Atomwaffen verstießen aber gegen das Völkerrecht. Seine gewaltfreien Aktionen hülfen ihm, mit der eigenen Angst besser umgehen zu können.

Existenz der Atombomben weder bestätigt noch dementiert

Auf dem Luftwaffenstützpunkt in Büchel lagern nach Vermutungen von Friedensaktivisten die letzten 20 US-amerikanischen Atomwaffen auf deutschem Boden. Der Bundestag und der rheinland-pfälzische Landtag

haben in den vergangenen Jahren Resolutionen für einen Abzug der Waffen verabschiedet. Die Existenz der Atombomben wird sowohl vonseiten der US-Streitkräfte als auch der Bundesregierung weder bestätigt noch dementiert.


7.7.2016 Landgericht Koblenz entscheidet über einen atomwaffenkritischen Aufruf zum Whistleblowing


Staatsanwaltschaft Koblenz fordert die Verhängung einer Haftstrafe gegen Atomwaffengegner

Das Landgericht Koblenz verhandelt am Dienstag, 12.07.2016, 13:30 Uhr (Karmeliterstraße 14, Koblenz, Sitzungssaal 49), über die Strafbarkeit eines atomwaffenkritischen Aufrufs zum Whistleblowing. Hintergrund dafür sind Flugblattaktionen des Heidelberger Atomwaffengegners Hermann Theisen, der auch Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) ist. Mit den Flugblättern hat er wiederholt Soldaten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 (Büchel) dazu aufgefordert, die Zivilgesellschaft über die Hintergründe der geplanten Aufrüstung jener Atomwaffen zu informieren, die auf dem Fliegerhorst Büchel stationiert sind.

Im September 2015 wurde er daraufhin vom Amtsgericht Cochem zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.400 Euro verurteilt (2090 Js 45215/14), da er zum Verrat von Dienstgeheimnissen aufgefordert habe (§§ 111, 353b StGB). Im Februar 2016 verurteilte ihn das Amtsgericht Cochem zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.200 Euro, nachdem Theisen die Flugblätter erneut verteilt hatte (2010 Js 13035/15). Neben Theisen hat auch die Staatsanwaltschaft Koblenz Berufung gegen die Urteile eingelegt und fordert in ihrer Berufungsbegründung die Verhängung einer Freiheitsstrafe. Nur so könne der Atomwaffengegner von weiteren Flugblattaktionen abgehalten werden, so Oberstaatsanwalt Ralf Tries.

Die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (Berlin) und die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. (Bremen) haben sich in offenen Briefen an die Staatsanwaltschaft Koblenz und an das Landgericht Koblenz solidarisch mit Theisen erklärt und fordern eine Einstellung der Strafverfahren gegen ihn. Und für die Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms, IALANA (Berlin) hat der ehemalige Richter und Vorstandsmitglied von IALANA, Bernd Hahnfeld, eine völkerrechtliche Expertise erstellt, wonach Theisens Flugblätter nicht strafbar sein können, da die Nukleare Teilhabe der Bundeswehr selbst gegen das Völkerrecht und den Nichtverbreitungsvertrag verstoße, weshalb die damit in Verbindung stehenden Dienstgeheimnisse keinen Anspruch auf Geheimhaltungsschutz hätten.

Für Theisen ist widersprüchlich und verantwortungslos, "von anderen zu verlangen, auf Atomwaffen zu verzichten, während Deutschlands Sicherheit noch immer auf atomarer Abschreckung basiert." Deshalb fordert er "eine Beendigung der Nuklearen Teilhabe der Bundeswehr und den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland." Roland Blach, Landesgeschäftsführer der DFG-VK Baden-Württemberg und Koordinator der Kampagne "Büchel ist überall. atomwaffenfrei.jetzt" erklärt hierzu: "Hermann Theisen hat mit seinem beharrlichen Engagement außerordentliches geleistet. Ein Freispruch ist daher die einzige Konsequenz. Die Kampagne "Büchel ist überall - atomwaffenfrei.jetzt" startet am Freitag, 8. Juli die Unterschriftenaktion "Taten statt leerer Worte. Abzug statt Aufrüstung der Atomwaffen", um den Druck hin zu einem Verbot von Atomwaffen zu erhöhen."


Hier der Link zur Website des Grundrechtekommitees. (April 2016)


19.02.2016 SPIEGEL
Bundeswehr lehnt Diskussion über US-Atomwaffen in der Eifel ab.
Die Bundeswehr will nicht öffentlich darüber diskutieren, dass auf dem deutschen Fliegerhorst Büchel in der Eifel amerikanische Atomwaffen lagern, obwohl das schon lange bekannt ist. Luftwaffeninspekteur Karl Müllner untersagte jetzt dem ehemaligen Befehlshaber des betreffenden "Tornado"-Geschwaders, als Zeuge vor Gericht in einem Strafverfahren auszusagen. Anlass war eine Aktion des Atomwaffengegners Hermann Theisen. Er soll sich strafbar gemacht haben, weil er vor den Toren des Luftwaffenstützpunkts ein Flugblatt an Soldaten verteilt und sie aufgefordert hatte, "die Öffentlichkeit umfassend" über die Stationierung atomarer Waffen auf ihrem Fliegerhorst zu informieren. Theisens Wunsch, den Oberst, der seine Strafverfolgung initiiert hatte, als Zeugen vor Gericht zu hören, lehnte Müllner ab. Begründung: Die Frage der Stationierung dieser Waffen unterliege "der Geheimhaltung". Die Verhandlung ist für Ende Februar vor dem Amtsgericht Cochem angesetzt. © DER SPIEGEL 2016 Alle Rechte vorbehalten


2016-03-09 RZ Mayen, Hermann Theissen, Erneut Geldstrafe für Aufruf, Amtsgericht Cochem
2016-03-09 RZ Mayen, Hermann Theissen, Erneut Geldstrafe für Aufruf, Amtsgericht Cochem

Oberst der Bundeswehr erstattet Strafanzeige, darf aber vor Gericht nicht aussagen.

Download
Ein zeitgeschichtliches Dokument: Hermann Theisens Aufruf an Soldaten, Befehle zu verweigern und militärische Geheimnisse zu verraten.
2015-07 theisen flyer.pdf
Adobe Acrobat Dokument 1.1 MB

Amtsgericht Cochem verhandelt erneut über einen atomwaffenkritischen Aufruf zum Geheimnisverrat

 

Das Amtsgericht Cochem verhandelt am Montag, 29.02.2016, 09:00 Uhr (Ravenestr. 39, Cochem, Sitzungssaal 100), erneut über die Strafbarkeit von atomwaffenkritischen Flugblättern zum Geheimnisverrat.

 

Hintergrund dafür sind Flugblattaktionen des Heidelberger Atomwaffengegners Hermann Theisen, der auch Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) ist. Mit den Flugblättern hat er wiederholt Soldaten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 (Büchel) dazu aufgefordert, die Zivilgesellschaft über die Hintergründe der geplanten Aufrüstung jener Atomwaffen zu informieren, die auf dem Fliegerhorst Büchel stationiert sind. Bereits im September 2015 wurde er daraufhin vom Amtsgericht Cochem zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro verurteilt (2090 Js 45215/14), da er zum Verrat von Dienstgeheimnissen aufgefordert habe (§§ 111, 353b StGB). Nun hat die Staatsanwaltschaft Koblenz Theisen erneut angeklagt, nachdem es zu weiteren Strafanzeigen wegen der Flugblätter gekommen ist.

 

Wie das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe (8/20.2.2016) berichtet, wurde Theisen auch von dem früheren Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33, Oberst Andreas Korb, angezeigt, der in den Flugblättern eine „neue rechtliche Qualität“ sah. Nachdem Theisen beantragte, Oberst Korb als Zeugen zu laden, wurde dies von Generalleutnant Karl Müllner (Inspekteur der Luftwaffe) abgelehnt. In seinem Schreiben an das Amtsgericht Cochem erklärte Müllner, dass er keine Aussagegenehmigung erteilen könne: „Da jedoch die Frage der Stationierung von Waffen auf dem Fliegerhorst Büchel der Geheimhaltung unterliegt, kann ich eine solche Aussagegenehmigung nicht erteilen.“

 

Das Strafverfahren weist noch insoweit eine Besonderheit auf, als inzwischen Oberstaatsanwalt Schmengler (Staatsanwaltschaft Koblenz) und Oberstaatsanwalt Greven (Bundesanwaltschaft) eine Strafbarkeit der Flugblätter verneint hat. Staatsanwältin Lehmler (Staatsanwaltschaft Koblenz), die Theisen nun erneut anklagte und inzwischen bereits eine weitere Anklage angekündigt hat, erklärte auf Nachfrage zur Einstellungsverfügung ihres Kollegen Schmengler lapidar: „Das Verfahren 2090 Js 53680/15 wurde nicht von mir bearbeitet. Die Entscheidung bindet mich nicht.“

 

Für Theisen ist das inflationär anmutende Anklageverhalten der Staatsanwaltschaft Koblenz nicht nachvollziehbar, er erklärt hierzu: „Die Zivilgesellschaft hat ein Anrecht auf einen emanzipatorischen Zugang zu den Hintergrundinformationen von politischen Sachverhalten, die das gesellschaftliche Gemeinwohl in existentieller Weise berühren und bedrohen. Die Nukleare Teilhabe der Bundeswehr ist ein solcher Sachverhalt“, so Theisen, weshalb seine Flugblattaktionen auch nicht strafbar seien.

 

Roland Blach, Landesgeschäftsführer der DFG-VK Baden-Württemberg und Koordinator der Kampagne „Büchel ist überall. atomwaffenfrei.jetzt“ erklärt hierzu: „Ein Trauerspiel von Politik und Militär. Seit Jahren ist in der Öffentlichkeit bekannt, dass in der Eifel Atomwaffen lagern und im Zuge eines milliardenschweren Programms aufgerüstet werden sollen. Das ist das Verdienst jahrelangen beharrlichen Engagements von Friedenaktivisten. Hermann Theisen gehört deswegen endlich freigesprochen. Auf den Tag genau sechs Jahre nach dem Bundestagsbeschluss zum Abzug der Atomwaffen aus Deutschland startet am 26. März unsere neue Kampagne mit dem Ziel den Stopp der atomaren Aufrüstung zu verhindern, den Abzug der Atomwaffen zu vollziehen und Atomwaffen zu verbieten“.

 

Hermann Theisen, Tel.: 0151/54727508, Roland Blach, Tel.: 0177/2507286