Rudolf Schreiber besuchte 2019 auf seiner Wanderung voN der RheinPfalz zum Nordkap (3.500 km) dEN Atomwaffen-stützpunkt Büchel.


Wandertagebuch:

"2. Woche, Montag, 15. April 2019: "Neue Woche, gleiches Ziel. Die Nacht auf dem Feld ging gut. Es wird wärmer und es bleibt trocken. Es sind noch 14 Kilometer bis Büchel. Dort befindet sich der Fliegerhorst des Luftwaffengeschwaders 33. Hier sind Tornados stationiert, die im Kriegsfalle Atombomben tragen können. Auch die Bomben sollen hier lagern. Auch diese Jets nutzen regelmäßig die TRA Lauter als Kriegsübungsraum und machen die Leute tagtäglich krank. Deshalb wollte ich auch hier ein Gespräch suchen. Hier jedoch war weniger zu erreichen als bei der US Air Force.

Um die Mittagszeit erreichte ich den Flugplatz. Zu der Wache kam ich erst gar nicht vor. Stattdessen musste ich zur Besucherstelle. Dort saß ein Zivilist. Ich bat den diensthabenden Offizier zu sprechen. Der wäre nicht am Horst, war die Antwort. Ich bat den Kommodore zu sprechen. Dessen Sitz wäre in Daun, erfahre ich. Ich bat jemanden zu sprechen, der meine Fragen beantworten könnte. Jetzt wurde ich gefragt, um was es ginge. Ich schilderte kurz mein Anliegen bezüglich Lärm und Gifte durch Kampfjets verursacht, Sinn und Unsinn des Kriegstreibens. Er meinte, er könnte den Feldwebel des Geschwaders anrufen, aber der sei zu Tisch. Er nahm das Telefon und wählte. Ob es die richtige Nummer war die er wählte, nur er weiß es. Es nahm offensichtlich keiner ab. Er könne ihn leider nicht erreichen, meinte er. Ich hätte Geduld, sagte ich. Ich ging hinaus und wartete. Ein Stück weiter haben Atomgegner eine Friedenswiese eingerichtet. Dort ging ich hin. Hier treffen sich Atom- und Kriegsgegner zu Demonstrationen. Gerade ist niemand hier. Plakate und Sinnbilder hängen hier, die das Desaster hier beschreiben. Da ich keine Chance sah am Horst jemanden zu treffen, ging ich meinen Weg weiter. Der Feldwebel hätte mir vielleicht den korrekten Bettenbau der Rekruten zeigen können, mehr nicht.

Die Friedenswiese am Fliegerhorst Büchel ist noch verlassen. Es hängen dauerhaft Plakate und Transparente gegen die hier, vermutlich, gelagerten Atombomben der Amerikaner. Im Kriegsfall sollen die deutschen Tornados von hier die Bomben auf Befehl geflogen und abgeworfen werden. Ein grausamer Gedanke. Das hiesige Geschwader 33 ist speziell dafür vorgesehen.

Die Friedenswiese wird über die Osterfeiertage mit Leben erfüllt werden. Viele Demonstranten werden kommen. Ich bin einige Tage zu früh dran. Das macht mir nichts. Das ist mein persönlicher Ostermarsch.

Als ich wegging, hing die Messingglocke auf der Friedenswiese stumm. Sie wird zeitweise als Mahnung angeschlagen. Mir ist das jährliche Schlagen der Glocke in Hiroshima im Ohr. Hoffentlich muss nicht diese Glocke hier einmal das gleiche tun."


Zeitungsartikel in der "RHEINPFALZ" vom 8. April 2019:
Heute ist es soweit. 3500 Kilometer hat Rudolf Schreiber vor sich – die er zu Fuß bewältigen wird. Der 65-Jährige aus Birkenheide [im Rhein-Pfalz-Kreis] möchte innerhalb von einem halben Jahr das Nordkap erreichen. Zweimal hat Schreiber das Kap mit dem berühmten Globus schon gesehen. Zuerst war er mit dem Motorrad da, anschließend mit dem Rad. Jetzt also zu Fuß. Die Reise soll auch ein politisches Statement werden.
Stolz präsentiert Schreiber seinen Rucksack. „Da ist alles drin“, sagt er. „Schlafzimmer, Küche, Wohnzimmer.“ Ernähren will sich Schreiber die Zeit über hauptsächlich kalt: Brot, Wurst, Käse und Obst stehen auf seinem Speiseplan. Übernachten wird er draußen, schließt aber nicht aus, unterwegs mal eine Pension aufzusuchen. Um nicht die Orientierung zu verlieren, benutzt Schreiber ein Navi, das auch offline funktioniert. Um es zu laden ist auf seinem Rucksack eine Solarzelle angebracht.

Ans Nordkap zu laufen ist nicht die erste kuriose Reise, die Schreiber unternimmt. Vor vier Jahren hat er zum Beispiel eine Radtour um die Welt gemacht. Auch sonst ist er immer mal wieder unterwegs. Seit fünf Jahren ist Schreiber Rentner, davor arbeitete er in Mannheim in der Hygieneproduktion. Wie genau die Idee entstand, zu Fuß ans Nordkap zu reisen, weiß Schreiber selbst nicht mehr. Es kam ihm einfach in den Kopf: „Erstmal ist es eine Spinnerei und dann wird es irgendwann konkret.“ Nachdem er die Familie über seine Gedanken informiert hatte, fing er an zu planen.

„Mein Weg durch Deutschland wird ein bisschen politisch angehaucht sein“, erklärt Schreiber. Er bezeichnet sich selbst nicht als Friedensaktivist, aber als „friedliebenden Menschen“. Deswegen will der 65-Jährige Militäreinrichtungen wie die Fliegerhorste Ramstein, Spangdahlem, Büchel, Nörvenich und Jagel besuchen und dort mit den Soldaten, Kommodoren und Anführern ins Gespräch zu kommen. Auch die Hardthöhe in Bonn, beim Hauptsitz des Bundesministeriums für Verteidigung, soll ein Anlaufpunkt sein. „Mir ist klar, dass ich nichts erreichen werde, aber es muss sein. Schon um mir selbst eine Genugtuung zu erweisen“, sagt Schreiber. Vielleicht wird er nicht überall vorgelassen, aber er hofft doch auf den einen oder anderen kleinen Erfolg. „Zumindest sollen die Leute, die diesen Beruf ausüben, wissen, dass es Leute gibt, die auch anders drüber denken.“ Pro Tag möchte Schreiber schätzungsweise 20 Kilometer zurücklegen. Ob das dann auch so funktioniert, weiß er noch nicht. Das werde „learning by going“. Richtig vorbereitet habe er sich auch nicht, sei nur ganz normal körperlich aktiv gewesen. Die Fitness möchte er sich am Anfang von der Wanderung holen.

Dann geht der Weg weiter nach Dänemark. In Fredrikshaven will Schreiber mit der Fähre Richtung Oslo übersetzen und dann „immer Richtung Norden“. Eine kleine Orientierung soll der Fernwanderweg E1 geben, aber so genau binden wolle er sich nicht. Sein Weg soll entlang der schwedisch/norwegischen Grenze bis nach Finnmark führen. „Dann werde ich hoffentlich nach einem halben Jahr das Nordkap erreichen“, hofft Schneider. Zurück geht es dann mit dem Schiff bis Südnorwegen, von Dänemark mit dem Zug nach Mannheim. Das letzte Stück soll dann aber noch mal zu Fuß bewältigt werden.

Ein paar Bedenken hat Schreiber vor dem Auftakt: Aber „ich habe ja nichts zu verlieren“. Wenn er nicht mehr gehen könne, oder er sich verletzen sollte, dann würde er abbrechen. „Ich werde es für mich machen, das ist das Wichtige. Ich werde mir Mühe geben, aber nicht um den letzten Preis.“

Am meisten freue er sich darauf, den Globus am Nordkap zu sehen. „Dort werde ich eine Flasche voll Frieden als Flaschenpost in den Ozean schmeißen.“ Denn unterwegs möchte er „Friedensteilchen“ sammeln. Was genau das für Teilchen sind, weiß er noch nicht. „Ob das ein Sandkorn ist, eine Stecknadel oder irgendetwas anderes... Wenn jemand was in die Flasche werfen will, soll er es tun.“ Es zähle der Gedanke, der Austausch über den Frieden. Eine positive Botschaft, die durch den Ozean schwimmt.