Die Zukunft der nuklearen Teilhabe – Wird Europa technisch ausgetrickst? Von Otfried Nassauer (Stand 30.09.2020; in W&P 6/2020 gibt es einen ähnlichen Text)
Rolf Mützenich, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, warf im Mai dieses Jahres einen Stein ins Wasser. Gemessen an den Wellen, die er auslöste, war es ein ganz schöner Brocken. Mützenich
wurde wahlweise vorgeworfen, er kündige die Solidarität in der NATO auf, versuche Deutschland von einem Krieg in Europa abzukoppeln oder gefährde die nukleare Abschreckung der NATO und
Mitsprachemöglichkeiten Deutschlands im Bündnis.
Dabei hatte er sich nur dafür ausgesprochen, Deutschland solle aus der „technischen nuklearen Teilhabe“ der NATO ausscheiden, also künftig für Atomwaffeneinsätze des Bündnisses keine Flugzeuge
mehr bereithalten. Mützenichs intendiertes Signal: Die SPD lehnt es ab, die deutsche Tornadoflotte durch neue nuklearfähige Trägerflugzeuge vom Typ F18 abzulösen und die nukleare Rolle der
Luftwaffe auf weitere Jahrzehnte festzuschreiben. [Siehe dazu auch: Mützenich, Rolf: Nukleare Teilhabe – überholtes Konzept ohne Funktion, in: WeltTrends Nr. 167, September 2020, S. 68-70.Siehe
dazu auch: Mützenich, Rolf: Nukleare Teilhabe – überholtes Konzept ohne Funktion, in: WeltTrends Nr. 167, September 2020, S. 68-70.] Die Heftigkeit der Reaktionen zeigt: Er hatte die
Glaubensgemeinschaft der Verfechter nuklearer Abschreckung aufgeschreckt, eines ihrer Dogmen infrage gestellt.
Was ist und worum geht es bei der nuklearen Teilhabe?
Die nukleare Teilhabe besteht aus zwei Komponenten, einer technischen und einer politischen. Zur technischen gehört als Kern die Bereitstellung europäischer Trägersysteme und ausgebildeter
Bedienungsmannschaften für den Einsatz von US-Atomwaffen im Kriegsfall sowie von Lagermöglichkeiten für US-Atomwaffen. Zur politischen Teilhabe gehört die Mitarbeit in NATO-Gremien, in denen
Informationen über nukleare Angelegenheiten ausgetauscht, nukleare Rüstungsplanung betrieben; Rüstungskontrollinteressen abgeglichen und nukleare Einsatzszenarien diskutiert und beschlossen
werden. Das geschieht z.B. in der Nuklearen Planungsgruppe (NPG), deren nachgeordneter Arbeitsebene im NATO-Hauptquartier in Brüssel und in den mit Nuklearwaffen befassten Teilen der
militärisch-operativen Stäbe des militärischen Oberkommandos im belgischen Mons. Die Beteiligung an der technischen nuklearen Teilhabe ist jedoch keine Voraussetzung dafür, sich an der
politischen Komponente beteiligen zu können. Alle NATO-Mitglieder außer Frankreich sind bei der politischen Teilhabe dabei. Darüber hinaus gibt es einen weiteren Aspekt, über den kaum gesprochen
wird. Die Mitwirkung an der politischen und technischen nuklearen Teilhabe kann eine politische, moralische und ethische Mitverantwortung für einen künftigen Nuklearwaffeneinsatz durch die
NATO-Länder zur Folge haben. Nichtnukleare Bündnismitglieder wären mitverantwortlich, würde die Allianz Nuklearwaffen einsetzen. Auch das ist unabhängig von ihrer Beteiligung an der technischen
nuklearen Teilhabe.
Als die NATO in den späten 1960er Jahren endgültig den Übergang von der Strategie der massiven Vergeltung zur flexiblen Antwort vollzog und der Atomwaffensperrvertrag zur Unterzeichnung anstand,
waren die nichtnuklearen NATO-Mitglieder in Europa bemüht, die technisch-nukleare Teilhabe weiterzuführen und sich im Bündnis verbesserte Informations- bzw. Mitspracherechte in Nuklearfragen zu
sichern. Für eine solche Mitwirkung mussten jedoch erst noch Strukturen wie die NPG sowie Verfahrens- und Konsultationsmechanismen im Bündnis geschaffen werden. Auch die zum Einstieg in die
Debatte über die flexible Antwort im Mai 1962 formulierten, aber nie im Konsens verabschiedeten „Athener Richtlinien“ zu Konsultationsmöglichkeiten über die nuklearen Optionen der NATO bei
unterschiedlichen Szenarien eines Kriegsausbruchs mussten weiterentwickelt und präzisiert werden.
[[Der Wortlaut dieser Richtlinen wurde lange unter Verschluss gehalten und schließlich etwas versteckt im Kontext von Dokumenten zur NATO-Ratssitzung am 5. und 6. Mai 1962 in Athen durch das
NATO-Archiv zugänglich gemacht, 1962 nicht von allen NATO-Mitgliedern im Konsens verabschiedet, aber von denen, die ihm zustimmten, als Policy der Allianz beachtet. In seiner Rede vor dem
NATO-Rat erklärte US-Außenminister Dean Rusk für die USA deren Akzeptanz der Richtlinien, die NATO-Generalsekretär Stikker in Abschnitt 25 seines Sonderberichts zur Verteidigungspolitik der
Allianz vorgelegt habe. Im Punkt 5 dieses Abschnitts finden sich drei exemplarische Fallbeispiele für unterschiedliche potentielle Angriffe auf die NATO und Aussagen zu der Wahrscheinlichkeit,
dass in der NATO vor dem Rückgriff auf einen Nuklearwaffeneinsatz konsultiert werden könne. Wenn unzweifelhaft ein sowjetischer Angriff mit Nuklearwaffen auf das NATO-Gebiet vorliege, auf
den die NATO mit einem adäquaten Nuklearwaffeneinsatz antworten müsse, sei die Möglichkeit zu Konsultationen äußerst begrenzt. Im Falle eines großangelegten konventionellen Angriffs auf einen
Bereich des NATO-Gebiets, der auf den Ausbruch genereller Feindseligkeiten hindeute, bei denen die NATO im angemessenem Umfang mit Nuklearwaffen reagieren wolle, gehe man davon aus, dass
Konsultationen zeitlich möglich seien. Und im Falle eines sowjetischen Angriffs, der die Bedingungen der beiden ersten Fälle nicht erfülle, aber die Integrität des Territoriums und der
Streitkräfte der NATO bedrohe und nicht mit den vorhandenen konventionellen Kräften aufgehalten werden könne, werde die Entscheidung zum Einsatz nuklearer Waffen im Voraus im NATO-Rat
konsultiert. Dem Autor liegt seit einigen Jahren ein nicht klassifiziertes, undatiertes aber mit „Athens Guidelines“ überschriebenes Dokument aus dem Archiv eines europäischen
NATO-Landes vor, das einen identischen Wortlaut hat wie der nun veröffentlichte Text der entsprechenden Passage in Stikkers Bericht. Es ist deshalb davon auszugehen dass der korrekte Wortlaut
vorliegt. Dieser überrascht etwas, da diese drei Szenarien neben Aussagen zur möglichen Konsultationen zugleich auch ein Präjudiz für einen Übergang zu einer Strategie abgestufter und flexibler
Reaktion mit einer relativ stärkeren Abstützung auf konventionelle Kräfte darstellen, wie Rusk und McNamara sie bei dieser Sitzung einforderten. Allerdings lag eine solche Kontextualisierung
damals nahe, weil sich auch der Militärausschuss der NATO bereits Ende 1961 in einem Bericht mit den „Military Aspects of ther Control of Nuclear Weapons in NATO“ (MC95) im Kontext diverser
Szenarien für einen Angriff auf die NATO befasst hatte.]]
Das sollte in der NPG erfolgen, wozu zunächst zwei Dokumente vorgelegt wurden. Das eine betraf generelle Richtlinien für Konsultationen über Fragen des NATO-Einsatzes atomarer Waffen und
verursachte relativ wenig Diskussion. Das andere befasste sich mit der Frage von Konsultationen über den erstmaligen Einsatz (initial use) nuklearer Waffen durch die NATO, also das Überschreiten
der Schwelle zur nuklearen Kriegführung durch die Allianz. Dieses Papier führte u.a. zu intensiven Diskussionen über das damals vermutlich erste Mittel eines NATO-Atomwaffeneinsatzes: Atomminen,
mit deren Einsatz das Militär damals einen potentiellen Angriff möglichst grenznah stoppen bzw. Truppenbewegungen kanalisieren wollte. Zunächst kamen nur vorläufige Richtlinien zustande, da
grundsätzlichere Fragen sichtbar wurden:
1. Wann, mit welcher Zielsetzung und in welchem Umfang würde ein solcher Einsatz erfolgen?
2. Würde genug Zeit bleiben, um politische Konsultationen in der NATO durchzuführen oder auf die Freigabe durch den US-Präsidenten zu warten? Oder wäre eine Prädelegation, eine vorab erfolgende
Delegierung der Freigabe an hohe militärische Befehlshaber in Europa, z.B. den NATO-Oberbefehlshaber, sinnvoll und gewollt?
3. Damit stellte sich auch die Frage des Primats der Politik, der politischen Kontrolle über militärisch-nukleare Planungen für einen solchen Einsatz. Würden Militärs oder Politiker letztlich das
Sagen haben?
Zweifellos waren das Fragen, bei denen auch die nichtnuklearen Staaten Europas mitreden oder gar mitentscheiden wollten. Als Lager-, Abschuss- und potentielle Zielorte eines Atomwaffeneinsatzes
mussten sie daran ein elementares Interesse haben. Im Bündniskontext gelang es ihnen nicht, ein Vetorecht für sich zu erwirken. Sie erhielten lediglich die Zusage, bei Konsultationen würde der
Position besonders betroffener Länder ein spezielles Gewicht beigemessen. Dieses Gewicht wurde u.a auch dadurch bestimmt, welche Atomwaffentypen in einem Land vorhanden waren und welche
Konsultationsmechanismen für diese Waffentypen und ihre möglichen Einsatzszenarien zutrafen.
Parallel bemühte sich die Bundesregierung um eine verbindlichere bilaterale Übereinkunft mit den USA. Eine erste wurde zwischen den Regierungen Kiesinger und Johnson erreicht, erwies sich aber im
Blick auf das Primat der Politik als unzureichend. Später folgte eine zweite, die auf die Verteidigungsminister Helmut Schmidt und Melvin Laird zurückging und 1974 in einer Vereinbarung zwischen
Bundeskanzler Brandt und US-Präsident Nixon mündete. Vier deutsche „No‘s“ wurden in Form eines vertraulichen, bilateralen Briefwechsels von den USA anerkannt, in denen unter anderem von einer
erforderlichen Zustimmung der Bundesregierung vor einem Nuklearwaffeneinsatz die Rede sein soll, zumindest wenn dieser von deutschem Boden ausgehen oder auf Ziele auf deutschem Boden gerichtet
wäre. Der Kern bestand jedoch in einer Festlegung auf das Primat der Politik gegenüber militärischen Planungen.
Im Verlauf der weiteren Arbeit der NPG wurden aufgrund von Veränderungen der NATO-Strategie, des nuklearen Dispositivs der Allianz und des Wandels der Rolle nuklearer [[Das darf nicht fehlen wg
Kriegsführungsabschreckung und Kriegsverhuinderungsabschreckun]] Waffen in der NATO-Strategie wiederholt neue Dokumente mit Aussagen zu den Planungs- und Konsultationsprozessen im Bündnis
verabschiedet. So wurden z.B. nach dem Abzug der Atomminen aus Europa im Oktober 1986 „General Political Guidelines for the Employment of Nuclear Weapons in the Defense of NATO“ angenommen
oder nach Verabschiedung der neuen militärischen Strategie der NATO MC400 Ende 1991 im Folgejahr neue „Political Principles of Nuclear Planning and Consultation“. Letztere gingen erstmals davon
aus, dass der NATO aufgrund der Presidential Nuclear Initiatives aus dem Herbst 1991 künftig keine taktischen Atomwaffen kurzer Reichweite mehr zur Verfügung stehen würden, sondern nur noch
luftgestützte, als substrategische bezeichnete Waffen sowie möglicherweise auch seegestützte Systeme, die aber keinen multinationalen Nuklearwaffeneinsatz erlauben würden.
Zumindest bis zu diesem Dokument war auch das Primat der Politik explizit und klar verankert. Wie und ob die Allianz im Kontext der wiederholten Modifikation der MC400 in den Folgejahren mit
erneuten Revisionen ihrer Dokumente zu nuklearen Konsultationen reagiert hat, ist noch nicht bekannt. Dies gilt auch im Blick auf die weitere Gültigkeit bilateraler Vereinbarungen zwischen den
USA und Deutschland. Solche Vereinbarungen werden normalerweise bei jedem Regierungswechsel in einem der beteiligten Staaten fortgeschrieben. Ob Donald Trump Angela Merkel ähnliche Zusagen
gemacht hat wie Nixon 1974 Brandt, ist ungewiss.
Neue gefährliche Entwicklungen
Nach der Verabschiedung einer neuen Militärstrategie der NATO („Comprehensive Defense and Shared Response“ - MC400/4) im Jahr 2019 gibt es wieder Anlass über veränderte politische Richtlinien für
nukleare Planung und Konsultation neu nachzudenken. Denn bei den nuklearen Waffen, die bei einem Konflikt in Europa zum Einsatz kommen könnten, sind substantielle Veränderungen zu verzeichnen. In
den letzten Jahren konnte die nukleare Schwelle entweder mit strategischen Atomwaffen der USA oder mit den als substrategisch bezeichneten Atombomben und deren Trägerflugzeugen in Europa
überschritten werden. Mit Trumps „Nuclear Posture Review 2018“ deuteten sich diesbezüglich jedoch wieder größere Veränderungen an, da in diesem Dokument die Absicht bekundet wurde, zwei weitere
Waffensysteme zu stationieren, die für diesen Zweck eingesetzt werden können. Dies sind zum einen strategische Raketen-U-Boote mit Langstreckenraketen, die nur einen Sprengkopf kleiner
Sprengkraft tragen und zum anderen seegestützte atomare Marschflugkörper. Der Einsatz beider Waffen sei unabhängig von einem Mittun der Bündnispartner möglich.
Ende 2019 schickten die USA erstmals ein Raketen-U-Boot auf Patrouille, das eine Rakete an Bord hatte, die nur einen Sprengkopf vom Typ W76-2 mit einer relativ kleinen Sprengkraft (ca. 8 KT)
trug. Der Einsatz dieses Sprengkopfs für einen „initial nuclear use“ in Reaktion auf einen angenommenen taktischen Kernwaffeneinsatz Russlands in Europa wurde im Februar 2020 erstmals von
STRATCOM durchgespielt. Ob Washington die Bündnispartner dabei konsultierte oder im Voraus informierte, ist unbekannt. Das Kriegsspiel wurde als nationale Übung präsentiert. Der
NATO-Oberbefehlshaber Todd Wolters bezeichnete sich etwa zeitgleich als „Fan einer flexiblen Ersteinsatzpolitik“, ohne zu erklären, was diese von der traditionellen Ersteinsatzpolitik
unterscheide.
Der Vorgang signalisierte, dass die USA den selektiven Einsatz nuklearer Waffen in Europa ohne europäisches Zutun praktizieren können. Das U-Boot, die Rakete und der Sprengkopf sind im Besitz der
USA, unterstehen nicht der NATO und könnten somit außerhalb der heute in der NATO vereinbarten Konsultationsregeln eingesetzt werden. Washington könnte zugleich wählen, ob das Ziel der Waffe auf
dem Territorium Russlands oder eines anderen Landes liegen sollte. Die USA besitzen nunmehr eine attraktive nationale Alternative zu den in Europa stationierten nuklearfähigen Flugzeugen, die
zudem den Nachteil haben, erst noch die russische Luftabwehr überwinden zu müssen. Diese Alternative bietet ähnliche Vorteile wie die Pershing II: kleine Sprengkraft mit geringerem
„Kollateralschaden“, kurze Flugzeit, Reichweite bis nach Russland. Die Waffe kann sowohl in Reaktion auf einen russischen Ersteinsatz genutzt werden als auch für einen eigenen Ersteinsatz. Sie
bürdet dem Gegner die schwierige Entscheidung auf, ob er den Konflikt tatsächlich weiter eskalieren soll. Die Russland von den USA oft unterstellte „escalate to de-escalate“-Strategie kann also
gespiegelt werden. Der Nachteil bei aller Attraktivität: Eine solche Waffe kann auch ähnlich destabilisierend wirken wie die Pershing II.
Aufgrund dieser Eigenschaften könnte die mit dem Sprengkopf W76-2 ausgestattete Trident II künftig zur Waffe der Wahl avancieren, wenn es um einen erstmaligen oder Ersteinsatz oder um begrenzte,
selektive Nuklearwaffeneinsätze geht. Das wäre von besonderer Bedeutung, da die nuklearfähigen Jagdbomber der NATO mit ihren freifallenden Atombomben durch bessere Luftverteidigungssysteme
verwundbarer und damit unsicher für die Erfüllung ihrer Aufgabe werden. Ihr Einsatz bedarf zudem der Eindringhilfe durch andere Kampfflugzeuge, die sie begleiten. Das reduziert ihre Attraktivität
für solche Einsätze. Auf Flugzeuge würde man wohl vor allem dann zurückgreifen, wenn man einem Gegner signalisieren will, dass der Nuklearwaffeneinsatz durch viele nichtnukleare Länder politisch
mitgetragen und verantwortet wird.
Jüngst durch die USA vorgenommene technische Änderungen an den Nutzungskontrollsystemen der in Europa gelagerten B61-Bomben machen diese Waffen möglicherweise nicht nur sicherer. Wenn die
Änderungen mit der Nebenwirkung verbunden wären, dass diese Bomben ausschließlich gegen im Voraus festgelegte Ziele oder Zielgruppen eingesetzt werden können, wäre die für einen „initial use“
erforderliche Flexibilität bei der Zielauswahl und -planung möglicherweise nicht mehr zu gewährleisten. Auch deshalb wäre die Waffe der Wahl für einen ersten Einsatz meist [[Umformulierung, damit
auch die SLCM-Planung der USA berücksichtigt ist. Der frühere Nachteil von SLCMs, nicht rückrufbar zu sein, existiert heute nicht mehr. Man kann sie bis kurz vor dem ziel unscharf schalten oder
sich zerstören lassen]] U-Boot-gestützt und trüge nur einen kleinen Sprengkopf.
Diese Änderungen im Nukleardispositiv der USA finden zu einem für Deutschland heiklen Zeitpunkt statt. Die Bundesregierung will bei der technischen nuklearen Teilhabe weiterhin mitwirken und ihre
Mitsprache bei der nuklearen Planung im Bündnis absichern. Das BMVg plant deshalb, 30 Flugzeuge des Typs F-18F zu beschaffen, um den Tornado abzulösen. Die Hoffnung, über die Beteiligung an der
technisch-nuklearen Teilhabe auch künftig Einfluss auf einen erstmaligen oder Ersteinsatz von Atomwaffen in Europa nehmen zu können, könnte aber aufgrund der Modernisierungen im
US-Nukleardispositiv weitgehend gegenstandslos werden. Der geplante Kauf neuer Kampfflugzeugen würde dann zu einem milliardenteuren Selbstbetrug. Er könnte seinen Zweck nicht mehr erfüllen. Auch
die Entscheidung, ob das Primat der Politik Gültigkeit behält, wäre dann wieder weitgehend eine der USA.
Otfried Nassauer, geb. 1956, Journalist und Friedensforscher, leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) – gestorben am 1.10.2020