Die historische Chance nutzen - Erklärung anlässlich des 72. Jahrestages der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki.
Von Bischof Heinz Josef Algermissen, 28. Juli 2017, 14:00 Uhr
Der Beschluss eines Atomwaffen-Verbotsvertrages durch die Vereinten Nationen am 7. Juli 2017 ist ein historischer Tag. 72 Jahre nach dem Abwurf von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki mit
verheerenden Folgen ist damit ein großer Schritt zur Ab-schaffung dieser Massenvernichtungswaffen getan.
Nach Jahrzehnten stockender Abrüstung sendet die überwältigende Mehrheit der Staaten durch diese internationale Vereinbarung eine deutliche Botschaft vor allem an die Atomwaffenstaaten: Der
bisherige Sonderstatus der Atommächte ist nicht länger akzeptabel. Das neue völkerrechtlich verbindliche Abkommen verbietet neben der Herstellung, dem Einsatz und Besitz auch die Drohung mit
einem Nuklearschlag sowie die Stationierung von Atomwaffen in anderen Staaten.
Damit wird eine bestehende völkerrechtliche Lücke geschlossen. Chemie-, Biowaffen und Landminen waren schon länger verboten, paradoxerweise aber die schrecklichsten und gefährlichsten
Massenvernichtungswaffen nicht. Mit dem Verbot kommt das Völkerrecht der schon 1965 vom Zweiten Vatikanischen Konzil geforderten Verwerfung jeder Art von Massenvernichtungswaffen nach. „Jede
Kriegshandlung, die auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und
entschieden zu verwerfen ist.“ (Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 80).
Für die Atomwaffenbesitzer und die NATO bedeutet der Vertrag eine Abkehr von der Abschreckungspolitik. Schon im März dieses Jahres hieß es in der Botschaft von Papst Franziskus an die
UNO-Konferenz zu Verhandlungen über das Atomwaffenverbot: „Eine Ethik und ein Recht, die auf der Drohung gegenseitiger Zerstörung – und möglicherweise der Vernichtung der ganzen Menschheit –
beruhen, widersprechen dem Geist der Vereinten Nationen.“
Wenn Deutschland diese historische Chance nun ergreifen und dem Vertrag beitreten würde, hätte das zur Bedingung, dass die im Raketendepot in Büchel/Hunsrück gelagerten Atomwaffen abgezogen
werden müssten. Denn die Vertragsstaaten des neuen Abkommens dürfen auf ihrem Territorium weder die Stationierung noch den Transport von Atomwaffen anderer Staaten zulassen.
Eine Überwindung der Atomwaffen wird nur zu erreichen sein, wenn die Staaten Schritte des Vertrauens aufeinander zu wagen. „Das gemeinsame Schicksal der Menschheit erfordert die pragmatische
Stärkung des Dialogs sowie Aufbau und Konsolidierung von Mechanismen des Vertrauens und der Zusammenarbeit, die in der Lage sind, Voraussetzungen für eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen“, heißt
es in der Botschaft des Papstes vom 23. März 2017 an die UN.
So fordere ich die verantwortlichen Politiker in Deutschland auf, mutig voranzugehen, den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland zu beschließen und dem Vertrag für ein Atomwaffenverbot
beizutreten.
Die katholische Friedensbewegung pax christi wird sich als Teil der Kirche wie der Zivilgesellschaft weiter aktiv für die Durchsetzung des Verbots und die Vernichtung aller Atomwaffen einsetzen.
„Während man nämlich riesige Summen für die Herstellung tödlicher Waffen ausgibt, kann man nicht genügend Hilfsmittel bereitstellen zur Bekämpfung all des Elends in der heutigen Welt“
(Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 81). Mit diesem Skandal werden wir uns niemals abfinden.
Der Verfasser ist Pax-Christi-Präsident
Erklärung des pax christi-Präsidenten Bischof Heinz Josef Algermissen, Fulda, anlässlich des 71. Jahrestages (6./9.8.2016) der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki
71 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki und angesichts des anhaltenden Risikos einer nuklearen Katastrophe drängt die katholische Friedensbewegung pax christi fortwährend auf eine generelle Abschaffung aller Atomwaffen.
Dabei wissen wir uns eins mit der Friedensbotschaft der Päpste und mit der überwältigenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung, die einer Forsa-Umfrage vom 21.03.2016 zufolge zu 93 % dafür eintritt, dass Atomwaffen, ähnlich wie chemische und biologische Waffen, völkerrechtlich verboten werden sollen.
Jeglicher Einsatz von Kernwaffen hätte eine schwere Katastrophe mit weltweit verheerenden Auswirkungen auf Menschen, die gesamte Kreatur und das Klima zur Folge, die das Ausmaß an Zerstörung und Verwüstung in Hiroshima und Nagasaki weit übertreffen würde. Folglich ist die Aufrechterhaltung der atomaren Abschreckung eine willkürliche Politik des Kalkulierens mit nicht zu verantwortenden Folgen. Schon der Besitz solcher Waffen mit dem in Kauf genommenen Einsatzrisiko und der immensen Ressourcenverschwendung muss geächtet werden.
Dazu kommt, dass seit dem Ende des Kalten Krieges enorme Summen in die Modernisierung der Atomwaffen gesteckt werden. Dieses Geld könnte viel besser verwendet werden, Not und Elend zu bekämpfen, die Situation von Menschen in Krisengebieten zu verbessern und somit eine Politik zu betreiben, die auch angesichts der Flüchtlingsströme Frieden in Gerechtigkeit ermöglicht. Denn „während man riesige Summen für die Herstellung tödlicher Waffen ausgibt, kann man nicht genügend Hilfsmittel bereitstellen zur Bekämpfung all des Elends in der heutigen Welt“ (2. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et Spes, Nr. 81).
pax christi bedauert, dass sich die Bundesregierung, entgegen einer von allen Fraktionen getragenen Erklärung des Bundestages, nicht mehr für einen beispielhaft vorangehenden Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland einsetzt, sondern die Modernisierung der im Raketendepot in Büchel/Hunsrück gelagerten Atomwaffen zulässt. Die nach dem Atomwaffensperrvertrag verbotene „nukleare Teilhabe“ durch Lagerung von Atomwaffen auf deutschem Boden ist eine brisante Realität.
Die pax christi-Bewegung engagiert sich deshalb in der Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei. jetzt“. Mit den Zielen erkläre ich mich als Präsident ausdrücklich einverstanden:
Mit diesem Engagement erinnern wir auch an die Forderungen des 2. Vat. Konzils in seiner Pastoralkonstitution Gaudium et Spes (1965) in Nr. 80: „Jede Kriegshandlung, die auf die Vernichtung
ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung… abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und entschieden zu verwerfen ist. Die besondere Gefahr des
modernen Krieges besteht darin, dass er sozusagen denen, die im Besitz neuerer wissenschaftlicher Waffen sind, die Gelegenheit schafft, solche Verbrechen zu begehen… Damit in Zukunft so etwas nie
geschieht, beschwören die versammelten Bischöfe des ganzen Erdkreises alle, insbesondere die Regierenden und die militärischen Befehlshaber, sich jederzeit der großen Verantwortung bewusst zu
sein, die sie vor Gott und der ganzen Menschheit tragen.“ Diesem Appell ist nichts hinzuzufügen!
Berlin/Fulda, 1. August 2016
+ Heinz Josef Algermissen
Präsident von pax christi Deutschland
Bischof von Fulda
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