Wenn das Überleben der Menschheit auf dem Spiel steht, wird Widerstand zur Pflicht. AktivistInnen von Stopp Air Base Ramstein blockierten am 28. Juni 2019 drei Tore des
Atomwaffen-Stützpunktes Büchel in Rheinland Pfalz.
Marion Küpker begleitet und informiert die verschiedenen Aktionsgruppen dort für die bundesweite Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt und dokumentiert deren Aktionen. An dem
Aktionstag wurde ihr erstmalig Polizeigewalt angetan und anschließend ein Prozess wegen “Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte” angestrengt.
Am 3. Mai 2021 fand der Prozess statt:
"Drei Stunden lang ging mein sehr spannender Prozess “Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte” im Amtsgericht Cochem statt. Es kamen insgesamt 16 ProzessbeobachterInnen, u.a. Mitglieder der
Gruppen: DFG-VK-Köln, ATTAC “gegen Globalisierung und Krieg”, Versöhnungsbund-Mainz, Stopp Air Base Ramstein, Friedensini Hunsrück, Eifelregion, Frauen für Frieden und Freiheit München,
Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen, Aachener Friedenspreis.
Des Weiteren wurden fünf Polizeibeamte (darunter der Einsatzleiter), sowie ein US-Amerikaner (mein heutiger Mann) geladen. Als weitere Zeugen standen für zukünftige Prozesstage die
BlockiererInnen selbst zur Verfügung.
Nach meiner Einlassung wurden der Einsatzleiter Herr B. aus Cochem, sowie ein noch sehr junger Polizist, der zur Tatzeit sein Praktikum bei der Polizei machte und jetzt dort angestellt ist, als
Zeugen vernommen. Es wurde dabei deutlich, dass der Polizeileiter, der diesen unverhältnismäßigen Einsatz zu verantworten hatte und später die Ermittlungen gegen mich (ein-)leitete, diese nicht
an einen Kollegen abgab. Als zuständiger ermittelnder Beamte, der gleichzeitig Zeuge gegen mich ist, besteht natürlich ein Interessenskonflikt. Ein ermittelnder Beamter hätte bezüglich der
Angeklagten (meiner Person) auch entlastende Beweise zu ermitteln gehabt. Im Verhör konnte der Einsatzleiter keinerlei entlastende Ermittlungen benennen.
Es war dieser Einsatzleiter, der auch die Sicherstellung und das Abschleppen des Kampagnenautos anordnete, obwohl ich bekanntermaßen damit die Protestaktionen nur dokumentierte und hier mit einem
Menschen mit Gehbehinderung unterwegs war.
Im Zeugenstand bestand Einsatzleiter B. darauf, dass das am Straßenrand in ca. 75m entfernte Kampagnenauto während der Blockade eine Gefahr dargestellt haben soll, da in der Vergangenheit
mehrfach “Autos als Blockademittel, nach der bereits erfolgten Blockaden-Räumung, zu deren Neuaufbau verwendet” worden sein sollen. Wann, wo und wie dieses erfolgt sein soll, darüber hatte er
allerdings keinerlei Erinnerung. Einsatzleiter B. wusste auch von keiner Situation, in der ich jemals ein Auto als Blockademittel benutzt hatte.
Des Weiteren leugnete er auch die Löschung von Film- und Fotomaterial, wozu er anwesende Teilnehmende erfolgreich genötigt hatte.
Insgesamt hätten aufgrund der weiteren mindestens fünf Zeugen noch zwei Prozesstermine terminiert werden müssen.
Aufgrund der bereits bekannten Sachlage bot meine Anwältin eine Prozess-Einstellung an, die die Staatsanwältin ungern folgen wollte. Letztendlich einigten wir uns auf die Einstellung unter der
Voraussetzung, dass ich 500 Euro an eine gemeinnützige Frauenorganisation zahle.
Für mich war diese Kompromiss akzeptabel, da die vielen weiteren Prozesstage (u.U. inklusiv Berufungsprozess) viel Zeit und Geld gekostet hätten; ein Freispruch bezüglich der Polizei selten ist;
und ich damit auch eine Vorstrafe riskiert hätte. Meine erfahrene Verteidigerin hatte das Zeugenverhör so gut gemacht, dass hier wichtige Gedankenanstöße ergingen. Der Einsatzleiter erklärte
zukünftig wieder besser miteinander im Gespräch sein zu können. Ich hoffe, es ist ein kleiner Teilerfolg."
Pressemitteilung | Aachener Friedenspreisträgerin: Prozess wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte | Am kommen Montag (3. Mai) beginnt um 9:30 Uhr der Prozess gegen Marion Küpker im Amtsgericht Cochem/Mosel (Raum 100) in der Ravenestr. 39.
Hintergrund: AktivistInnen der Gruppe Stopp Ramstein blockierten am 28. Juni 2019 drei Tore des Atomwaffen-Stützpunktes Büchel (Rheinland Pfalz). Dort wurde Frau Küpker erstmalig Polizeigewalt angetan, während sie gleichzeitig im September für die bundesweite Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt (und damit für ihre Arbeit gegen die Atomwaffen vor Ort in Büchel) den renomierten Aachener Friedenspreis bekam.
Frau Küpker begleitet, dokumentiert und informiert seit vielen Jahren am Fliegerhorst Büchel die verschiedenen Protest-Aktionen für die Anti-Atomwaffen Kampagne. Die Kampagne ist Teil des aus über 70 Organisationen und Gruppen bestehenden Trägerkreises Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen!, der als Teil des ICAN- Netzwerkes 2017 den Friedensnobelpreis erhielt.
Zum Vorwurf des “Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte” sagt Marion Küpker: “Es ist unglaublich, wie hier von einem Einsatzleiter der Cochemer Polizei, der unseren Trägerkreis und mich bereits seit fast 25 Jahren aus etlichen Koordinationsgeprächen (mit Bundeswehr, Kreisverwaltung, Polizei und Friedensbewegung) kennt, hier diesen Machtmissbrauch begeht. Die Proteste in Büchel sind ausdrücklich gewaltfrei und richten sich auch nicht gegen die Polizei, sondern gegen die dortige Stationierung der Atomwaffen. Da unsere Proteste die letzten Jahre sehr zugenommen haben, wird immer mehr mit unlauteren polizeilich, wie auch behördlichen Repressionen versucht, uns vor Ort wegzukriegen. Die anstehende Stationierung mit gänzlich neuen Atomwaffen soll in Ruhe durchgeführt werden können.”
Konkret heißt das: Der Atomwaffen-Standort soll bis zum Jahr 2026 für die neuen US-Atombomben für 259 Mill. Euro umgebaut werden. Mit dem neuen militärischen Sicherheitszaun wurde bereits begonnen. Die Baumaßnahmen beinhalten den Ausbau der Startbahn, die Modernisierung der Atomwaffen-Infrastruktur, sowie die Erneuerung der Atombomben-Spezialbehälter in den Flugzeug-Hangars. Auch stehen neue US- Trägerkampfjets für 12 Mrd. Euro an.
Am 1. April 2021 reichte auch Marion Küpker gegen diese illegale Atomwaffen-Stationierung eine Verfassungsbeschwerde ein, die mittlerweile die 14. Verfassungsbeschwerde ist. Bisher hat sich das Bundesverfassungsgericht geweigert, auch nur eine der Beschwerden anzunehmen, u.a. mit der Begründung, dass kein öffentliches Interesse bestehe.
Demgegenüber zeigen die Umfragen das Gegenteil: die Mehrheit unserer Bevölkerung will den Abzug der Atomwaffen und wünscht ein atomwaffenfreies Deutschland. Inzwischen appellieren mehr als 115 Städte, vier Bundesländer und mehr als 700 Landtags-, Bundestags- und Europa-Abgeordnete an unsere Bundesregierung, den Verbotsvertrag zu unterzeichnen. Dieser Vertrag würde Deutschland in absehbarer Zeit atomwaffenfrei machen. Am 22. Januar 2021 wurde das Inkrafttreten des internationalen Atomwaffen-Verbotsvertrages gefeiert, der nur für die unterzeichnenden Staaten gilt. D.h. der Vertrag gilt für 138 Staaten, gegenüber 57 Staaten (darunter die BRD), die sich noch weigern!
Für ein Interview steht Ihnen Marion Küpker zur Verfügung: Mobil: 0172 771 32 66. Marion Küpker ist Sprecherin der Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt, Friedensreferentin beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes und ist in der DFG-VK die internationale Koordinatorin für die Abschaffung von Atomwaffen.