Von: Pfarrer Dr. Matthias-W. Engelke Hildengasse 6, 50769 Köln-Merkenich, mwEngelke@t-online.de, 0049 – 157 – 87 313 098
30. November 2019
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie leisten am Fliegerhorst Büchel/Alflen Dienst. Am Sonntag, den 24. November 2019 hat Papst Franziskus in Hiroshima erklärt, „dass der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken heute mehr
denn je ein Verbrechen ist, nicht nur gegen den Menschen und seine Würde, sondern auch gegen jede Zukunftsmöglichkeit in unserem gemeinsamen Haus.“ „Der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken
ist unmoralisch, wie ebenso der Besitz von Atomwaffen unmoralisch ist“.
Wie geht es Ihnen damit?
Ich bin dem Papst sehr dankbar für dieses Wort, besonders weil er Tat und Person unterscheidet. Er würdigt mit Respekt den Dienst aller, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Zugleich
verurteilt er scharf den Besitz, die Lagerung und Anwendung von Atomwaffen. Der Papst sagte dies in der Stadt Hiroshima, die vor knapp 75 Jahren durch eine Atombombe zerstört worden ist.
Die Kommission "Justitia et Pax" der Deutschen Bischofskonferenz hat im Juli 2019 die „Ächtung der Atomwaffen als Beginn nuklearer Abrüstung“ erklärt. Diese kirchliche Verlautbarung sagt zum
Konzept der Friedenssicherung durch Atomwaffen, dass „dieses Konzept der Friedenssicherung ethisch nicht länger verantwortet werden kann und die Atomwaffen völkerrechtlich geächtet werden
müssen.“ „Der Einsatz von Massenvernichtungswaffen ist … uneingeschränkt verwerflich.“
Auch die Evangelische Kirche in Deutschland hat Anfang November 2019 erklärt: „Wir fordern, dass die Bundesregierung konkrete Schritte einleitet, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und
zu ratifizieren…“
Und vor wenigen Tagen, am 28. November 2019, erklärte die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau: „Wir, die Kirchensynode und Kirchenleitung der der EKHN, fordern die Bundesrepublik
Deutschland auf, den Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen (UN) zu unterzeichnen.“
Als Mitglied und Initiator des Initiativkreises gegen Atomwaffen/Regionalgruppe des Internationalen Versöhnungsbundes Cochem-Zell verbunden mit vielen Menschen in der Friedensarbeit kann ich
Ihnen sagen: Sie stehen mit Ihren Zweifeln, was die Atomwaffen der Vereinigten Staaten von Amerika, die auf deutschem Boden lagern und von deutschen Piloten eingesetzt werden sollen, betrifft,
nicht allein. Wir können zusammen mit Ihnen die nukleare Teilhabe beenden.
Von vielen hören wir: „Gehen Sie doch nach Berlin!“ Das stimmt, regelmäßig bitten wir von der Friedensarbeit für den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland um ein Gespräch mit der Bundeskanzlerin.
Bislang hat sie ein Gespräch verweigert. Aber Sie haben jetzt schon ein Recht darauf zu erklären, dass Sie es christlich, moralisch und juristisch nicht verantworten können, mit Atomwaffen zu tun
zu haben. Die Zusammenfassung der juristischen Sicht entnehmen Sie bitte meinem „Brief an Soldaten“ von 2013 von der Webseite fastenkampagne.blogspot.com.
Sie können mir diese Erklärung auch schriftlich an meine Adresse zukommen lassen: Pfarrer Dr. Matthias-W. Engelke, Hildengasse 6, 50769 Köln-Merkenich. Als Pfarrer unterliege ich der
Schweigepflicht. Wenn ich Post von Ihnen erhalte, werde ich der Öffentlichkeit mitteilen, dass ich eine solche Erklärung erhalten habe, aber keine persönlichen Angaben mitteilen. Die Unterlagen
werde ich einem Notar übergeben.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit!
Ihr Dr. Matthias-W. Engelke, Pfarrer
Anhang: Die juristische Sicht
Der Internationale Gerichtshofs (IGH) hat am 8. Juli 1996 die Androhung und Anwendung von Atomwaffen als generell völkerrechtswidrig festgestellt. Jeder Einsatzfall, den die Atomwaffen
besitzenden Staaten aufzeigten, würde nach Feststellungen des Gerichts in Den Haag in schwerster Weise rechtswidrig in die auch im Krieg verbürgten Bürgerrechte eingreifen. Nur für den Zeitraum
der längst fälligen atomaren Abrüstung auf Null und auch in dieser Zeit nur für den
Notfall der Existenzgefährdung eines Staat, wollte das Gericht keine abschließenden Feststellungen treffen. Diesen Notfall nimmt die Bundesregierung und Teile der deutschen Rechtsprechung
entgegen der Feststellungen des IGH, die die unverzügliche Abrüstung auf Null verlangen, als Normalfall an, wobei in keiner Weise absehbar ist, wie er durch die Anwendung von Atomwaffen aus
Büchel abgewehrt werden könnte. Der Soldat ist Recht und Gesetz verpflichtet. Wo dieses verletzt wird, hat ein Soldat das Recht – wenn nicht sogar die Pflicht – auch zur situativen
Befehlsverweigerung, siehe das Urteil des BVerwG vom 21. Juni 2005, BVerwG 2, WD 12.04.